FRIDAY, APRIL 26, 2024

Pelzhandel der Indianer



“Sie häuften nie große Mengen Elch-,
Otter-, Biber- oder andere Felle an,
sondern erlegten immer nur so viele,
wie sie für ihren eigenen Bedarf
benötigten.”
Ein britischer Händler über
indianische Händler

Während die wirtschaftliche und koloniale Expansion im Süden vom Handel mit Fellen und Menschen vorangetrieben wurde, konzentrierten sich die Franzosen, Holländer und Engländer im Norden auf den Handel mit Biber, Marder, Hermelin, Otter, Luchs und anderen Pelztieren, die es in den Waldgebieten des Nordostens und der Großen Seen im Überfluß gab. Bereits im 17. Jahrhundert spielte der Pelzhandel mit den östlichsten Stämmen in den merkantilen Wirtschaftssystemen rivalisierender europäischer Nationen eine bedeutende Rolle. Aus Biberhaaren wurde beispielsweise Filz hergestellt, und als Filzhüte in Europa in Mode kamen und die Nachfrage nach den äußerst feinen Biberpelzen aus Nordamerika entsprechend stieg, bot der Pelzhandel mit den Indianern den europäischen Händlern satte Profite.

Zunächst machten sich die tiefgreifenden Veränderungen, die den indianischen Lieferanten bringen sollte, noch kaum bemerkbar. Für viele der nördlichen Stämme – etwa die Innu (bekannt als Montagnais und Naskapi) der Halbinsel Labrador, die Micmac der kanadischen Küstenprovinzen und die Maliseet und Abenaki des heutigen Maine – war der Pelzhandel ursprünglich nur eine Ergänzung ihres an den Jahreszeiten ausgerichteten Nahrungserwerbs, der hauptsächlich aus Jagen, Fallenstellen und Fischen bestand. Diese Indianer machten zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres noch immer Jagd auf Biber, Fuchs, Kaninchen, Otter und andere kleine Pelztiere. Im Winter teilten sie sich in mehrere Familien umfassende Gruppen auf und verfolgten in den tiefen Wäldern größere Tiere, unter anderem Elch, Karibu und Bär. Gegen Ende des Frühlings kamen sie wieder in ihren Dörfern zusammen, um Zeremonien abzuhalten, soziale Kontakte zu pflegen, Heiraten, Spiele und Feste zu arrangieren sowie Handel zu treiben. Dieser Routine paßten sich die europäischen Pelzhändler an, und damit bestimmten die Traditionen der Indianer und nicht die der Europäer die Gepfogenheiten des Austausches.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zogen französische Händler aus Montreal den Sankt-Lorenz-Strom und den Odawa River hinauf und über die Großen Seen bis ins obere Mississippi-Tal. Unterwegs fanden sie Partner für den Pelzhandel in den Odawa, Huronen, Ojibway (Chippewa), Menominee, Potawatomi, Mesquaki (Fox) und zahlreichen anderen Stämmen, von denen sie aus dem Kernland des Kontinents mit Pelzen versorgt wurden. Nicht alle Stämme und Gruppen jagten selbst; viele, zum Beispiel die Huronen und Odawa – und insbesondere die Haudenosaunee, nachdem sie die Biber in ihrem eigenen Land fast ausgerottet hatten -, fungierten als monopolistische Zwischenhändler, die von entfernteren Stämmen durch Tausch oder Gewalt Felle erwarben und sie dann mit Profit an die Weißen verkauften.

Pelzhandel Als die Engländer 1670 die Hudson´s Bay Company gründeten, um das Monopol der Franzosen im heutigen Kanada zu brechen, spielten die nördlichen Stämme die Händler beider Länder geschickt gegeneinander aus und nutzten deren Konkurrenz, um für ihre Pelze die höchstmöglichen Preise zu erzielen. Die Güter, die die Indianer als Bezahlung erhielten – Gewehre, Pulver, Kugeln, Beile, Decken, Tuch, Kessel, Messer, Spiegel, Ahlen, Nadeln, Perlen, Farben, Kämme – veränderten ihre materielle Kultur tiefgreifend. Doch da die Europäer, um Pelze zu bekommen, auf die Stabilität und das Wohlwollen der indianischen Nationen angewiesen waren, unternahmen die Händler anfangs kaum etwas, das die traditionellen Bräuche der Stämme, ihre gesellschaftlichen Strukturen oder ihr Land bedroht hätten.
Aber der Pelzhandel, der zu Beginn den Bräuchen der Indianer angepaßt war, veränderte sich, und sein Einfluß auf die Stämme wirkte sich für diese mit der Zeit zum Nachteil aus. Viele fanden es zum Beispiel allmählich lukrativer, mit den Weißen zu handeln, als ihren herkömmlichen wirtschaftlichen Aktivitäten nachzugehen. Einige der Ackerbau betreibenden Völker ließen ihre Felder brachliegen; traditionelle Jäger gaben ihren Lebensrhythmus auf; die Stämme verloren den Einfluß auf ihre Mitglieder.

Dorfgemeinschaft, Clan- und Familienverbände und Disziplin verfielen in dem Maße, als einzelne prestige- und gewinnsüchtig persönliche Ziele vor das Wohlergehen ihrer Gruppe stellten. Manche Indianer ließen sich von Macht und Reichtum des weißen Mannes verführen, widersetzten sich dem Rat ihres Stammes und seiner spirituellen Führer und verließen Heimat und Familie, um in der Welt der Weißen zu leben und mit den Händlern zu reisen.
Gleichzeitig wurden Gruppen und Völker, die einst zum gegenseitigen Vorteil miteinander Handel getrieben hatten, zu unerbittlichen Konkurrenten, und Jäger drangen unter dem Druck, mehr Pelze zu erbeuten, unbefugt in fremde Jagdgründe ein.

Im Zuge dieser Entwicklung veränderten sich auch alte Stammes- und persönliche Werte, und heilige Beziehungen mit dem Land und seinen Tieren wurden aufgegeben. Einem britischen Händler fiel auf, daß die brüderliche Beziehung der indianischen Jäger zu ihren Beutetieren sowie ihre Dankbarkeit dafür, daß diese ihr Leben gaben, damit die Menschen nicht hungern und frieren mußten, im Verschwinden begriffen waren.
Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden in ganzen Regionen manche Tierarten praktisch ausgerottet. Gewehre, Fallen aus Eisen und Überjagung führten zu einem Rückgang des Wildes, Hungersnöte waren manchmal die Folge.
Auch der Alkoholismus nahm bei vielen Völkern, die Pelzhandel betrieben, überhand, und der Schnaps riß Familien und sogar ganze Stämme ebenso auseinander wie Pocken-, Tuberkolose- und andere Epidemien.

Ein großer Teil Nordamerikas, der lange Zeit Schauplatz friedlicher, miteinander vernetzter Handelsverbindungen zwischen dn Stämmen gewesen war, verwandelte sich durch den Pelzhandel bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in einen Kontinent entwurzelter und zerrissener indianischer Nationen. Überall von den Appalachen bis zum Mississippi waren stabile, uralte gesellschaftliche Normen zusammengebrochen.

Kriege, die aus dem Pelzhandel und dem Wettbewerbsdenken der Europäer erwachsen waren und an tödlicher Wirkung alles übertrafen, was die Stämme bis dahin gekannt hatten, wurden alltäglich, und viele Nationen fielen ihnen zum Opfer oder wurden durch sie erheblich dezimiert: die Wenro, Conoy, Petun, Neutral, Erie und Susquehannock. Andere, wie die Huronen, Odawa, Mahican, Nanticoke und Shawnee, wurden versprengt.

Handel Für die indianischen NAtionen war diese Zeit eine Periode nie gekannter Gewalttätigkeit. Die verheerendsten Kriege führten die Irokesen, die zunächst die Holländer in Albany und später die Engländer mit Pelzen versorgten, bis es in ihrem eigenen Land keine Biber mehr gab. Ab 1649 kämpften sie dann drei blutige Jahrzehnte lang darum, sich Zugang zu den Pelztierregionen im Westen und Norden zu verschaffen und das Pelzgeschäft den Huronen und deren Verbündeten zu entreißen, die die Franzosen belieferten. Diese Kämpfe waren reine Vernichtungskriege. Pater Jérôme Lalemant, ein französischer Jesuitenmissionar bei den Huronen, beschrieb die Kriege der Irokesen: “Sie pirschen durch den Wald wie Füchse. Sie greifen an wie Löwen. Sie fliegen wie Vögel und verschwinden, noch bevor sie richtig aufgetaucht sind.”
Tausende von Indianern fanden in den sogenannten Biberkriegen der Haudenosaunee den Tod.

Als sich der Pelzhandel nach Westen verlagerte, hinterließ er die bleibende Spur einer weiteren Tragödie: Viele Stämme, die den Tierbestand ihres Landes durch Jagen und Fallenstellen völlig erschöpft hatten, waren von den Gewehren, Stoffen und anderen Gütern abhängig geworden, mit denen die Weißen sie bezahlt hatten. Nun aber waren die Händler und ihre Waren abgezogen. Unfähig, zu ihrer ursprünglichen Lebensweise zurückzukehren und des Einkommens von seiten der Weißen beraubt, wurden viele der früheren Pelzhandelsnationen des Ostens zu Parias und versanken in Armut, Alkoholismus und Verzweiflung. Das Beste, was sie sich erhoffen konnten, war, nach den Worten eines Franzosen in Kanada, “zu ihrer eigenen Rettung zu vergessen, was früher war”.

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