SATURDAY, OCTOBER 12, 2024

Indianer der Arktis



Arktis-IndianerDas Land am Ende der Welt ist eine riesige, eisige Ödnis, die sich von Sibirien nach Grönland ausdehnt und deren Strände vom Pazifik, dem Arktischen Meer und dem Atlantik begrenzt sind. Im Sommer leben die Menschen in permanentem Sonnenschein, im Winter jedoch sinkt die Sonne für drei Monate unter den Horizont. Nur die Nordlichter und das Glimmen des Dämmerlichts im Süden vermögen hier einzudringen.

Im Winter scheint die Arktis das härteste Land auf Erden zu sein. Die Temperatur bleibt bis zu neun Monate unter dem Gefrierpunkt und verwandelt das Land und Meer in eine endlose Einöde aus windgepeitschtem Schnee und Eis. Sobald sich das Land in der aufgehenden Sonne erwärmt, gibt die Schneeschmelze eine baumlose, steinige Tundra mit Flechten und Moosen, winterfesten blühenden Pflanzen sowie Gräsern und anderem Gestrüpp frei. Das Tierleben erwacht: Seehunde klettern auf Eisschollen, um sich zu sonnen, Walrosse sammeln sich an den Stränden, Karibuherden kehren zum Kalben zurück, und Moschusochsen grasen das frische Grün der Büsche ab. Die Luft tönt vom Gesang der Vögel: Raben, Schneehühner und Schneeulen haben hier überwintert; andere Vogelarten kehren nach dem Winter zur Fortpflanzung zurück. Grizzlybären, Wölfe, Füchse und Wiesel streifen auf der Suche nach Erdhörnchen, Lemmingen und anderem Kleintier umher.

Durch den Tierreichtum der Pazifikküste angezogen, begannen die Menschen vor etwa 4.500 Jahren an den Küsten der Arktis zu jagen und zu fischen. Die ersten, den Anthropologen bekannten Völker in der zentralen und östlichen Arktis waren die Dorset und die Thule. Sie besaßen Kajaks, Schlitten und weitere Gerätschaften, die für das Leben im Schnee erforderlich waren. Die Thule jagten Wale und andere Meeressäuger. Vor mehreren hundert Jahren kühlte das Klima ab und nur der Teil des Meeres, der an die warmen Pazifikströmungen grenzte, blieb zugänglich. Die Menschen, die in der Zentral- und Ostarktis verblieben, wurden Seehundjäger.

Siedlung Die arktischen Völker der Gegenwart – die Inuit und die Aleuten – sind nahe verwandt und gehören der eskimo-aleutischen Sprachgruppe an. Sie unterscheiden sich äußerlich von den anderen Ureinwohnern Nordamerikas und ähneln eher den Völkern des fernen nordöstlichen Asiens. Die Aleuten leben auf den Inseln der Aleutenkette. Sie ähneln äußerlich den Inuit und sind wie diese Seehundjäger. Die Aleuten und die Inuit entwickelten die gleichen Techniken: Beide benutzten Kajaks, verbrannten Robbenöl in Steinlampen und lebten in großen, teilweise unterirdisch gebauten Gemeinschaftshäusern, die mit Treibholz oder Fischbein und Soden bedeckt waren.

Der Pazifik ermöglichte den Aleuten jedoch eine andere Lebensform. Sie fischten Lachse, sammelten Schalentiere und Seeigel, fingen Oktopusse unter den Felsen, gruben eßbare Wurzeln aus und pflückten Beeren. Auch hatten sie eingehenden Kontakt mit den Tlingit und anderen Völkern der Nordwestküste bis zum Süden. Die Gesellschaftsstruktur der Aleuten war wie jene der südlichen Nachbarn streng hierarchisch, und sie akzeptierten auch das durch diese Gliederung bedingte Wohlstandsgefälle.
Die Inuit lebten an den Meeren der gesamten nördlichen Polarkappe. Alle Inuitvölker, von den Yuit in Sibirien bis zu den Kallaalit in Grönland, teilten die gleiche Sprache und Lebensform. Sie führten jenes Leben, das der Rest der Welt als “Eskimodasein” definiert, obwohl die Inuit diese Bezeichnung ablehnen. Gegen die Kälte trugen sie dicke Parkas, Hosen aus Karibufellen (den Pelz nach innen gewendet) oder aus Eisbärfellen (mit dem Pelz nach aussen) und Schuhe aus Karibu- oder Seehundfellen. Wie ihre Vorfahren verwendeten sie Hundeschlitten und bauten während ihrer Reisen im Winter temporäre Schneehäuser (Iglus).

Zu ihren Gerätschaften gehörten Schneeschutzbrillen, die sie gegen die reflektierende Sonne auf Schnee und Eis sowohl im Frühling als auch im Sommer trugen. Das Inuit-Jahr folgte dem Rhythmus der Jagd. Im Winter versammelten sich mehrere Familien, um Seehunde, die Hauptnahrungsquelle, zu jagen. Sobald ein Jagdgebiet erschöpft war, zogen sie weiter.

Mit der Schneeschmelze in der Tundra wurden die großen Winterlager abgebrochen, und die Inuit zogen in kleinen Familiensippschaften durch die Tundra, um das kurze, intensive Ausbrechen des Lebens im Frühling und Sommer auszunutzen. Sie stellten für Füchse und anderes Kleinwild Fallen auf, fischten Kabeljau im Meer, bauten Fischreusen, um Saiblinge und andere Fische in den Flüssen zu fangen, jagten Vögel und sammelten Eier. Die Seehunde waren eine leichte Beute, da sie sich auf im Wasser treibenden Eisschollen sonnten und sich in ihren Brutstätten und Futterrevieren versammelten. Die Weißwale tauchten manchmal in großer Anzahl auf. Die Jagd nach Walrossen war sehr wichtig, da deren Elfenbein für Werkzeuge und Waffen benötigt wurde. Es stellte auch ein ideales Medium dar, um kleine, komplizierte menschliche, tierische und spirituelle Figuren zu schnitzen – eine künstlerische Tradition, wie weit zurückreicht.

Einige Inuit fuhren in den Süden, um Karibus beim Überqueren der Flüsse zu jagen.
Im August gab es die ersten dauerhaften Schneefälle und im September waren Flüsse und Seen schon wieder zugefroren. Die kleinen Familienverbände kehrten zur Küste zurück, um auf das Eis, die Seehunde und den langen Winter zu warten.

Ein Zusammenstoß in der Arktis

Baffin Island, die fünftgrößte Insel der Welt, war seit Hunderten von Jahren die Heimat von Inuit-Völkern (die von den Cree, ihren südlichen Nachbarn, Eskimo – Rohfleischesser – genannt wurden). Sie waren Nachfahren früherer Kulturen der Arktis und lebten wie alle anderen Inuit-Völker der Polargebiete in einer harten Umwelt. Das folgende uralte Lied, 1921 von dem Arktisforscher Knud Rasmussen aufgezeichnet, vermittel einen Eindruck davon, wie die außergewöhnlichen und schwierigen Umweltbedingungen die Seele der Menschen prägten:

Es liegt eine Angst in der Sehnsucht nach Einsamkeit. Wenn man mit Freunden zusammen ist und sich sehnt, allein zu sein.
Iyaiya-yaya!
Es bringt Freude zu spüren, wie der Sommer zu der großen Welt kommt, und zuzusehen, wie die Sonne ihrem uralten Weg folgt.
Iyaiya-yaya!
Es macht angst zu spüren, wie der Winter zu der großen Welt kommt, und zuzusehen,
wie der Mond mal Halbmond, mal voll, seinem uralten Weg folgt.
Iyaiya-yaya!
Wo führt all dies hin? Ich wünsche, ich wäre weit ostwärts, und doch werde ich nie wieder mit meinen Verwandten zusammensein.
Iyaiya-yaya!

Im Sommer 1576 kam eine kleine Stammesgruppe von Ost-Baffin-Inuit zu ihrem gewohnten Sommerlager auf einer Insel vor der Nordseite einer großen Bucht, die fast 250 Kilometer in den Südteil von Baffin Island reicht. Es war die Zeit, in der das Packeis taute und auseinanderbrach, Zeit, im Meerwasser zu fischen und auf der Hauptinsel Karibus zu jagen, die zu den Salzlecken an der Küste herunterkamen. Es war die euphorische Zeit der Fülle und Regeneration. Doch für die Inuit-Gruppe, die ihr gewohntes Lager auf der Insel Niountelik aufbaute, sollte es ein Sommer ganz anderer Art werden.

Nähzeug – Nadel, Ahle, Fingerhut

Im Juni 1576 segelte der von privaten Investoren in London unterstützte Engländer Martin Frobisher auf der Suche nach einer Nordwestpassage (vom Atlantik zum Pazifik) ins Eismeer Nordamerikas. Durch riesige Ansammlungen von Eisschollen hindurch steuerte er in eine große Bucht am Südende von Baffin Island und überlegte, ob dies wohl der Beginn der Nordwestpassage sein könnte. Als die Inuit in ihrem Sommerlager auf der Insel Niountelik seine Segel sichteten, ruderten sie in Kajaks zu Frobishers Schiff, begrüßten die Engländer freundschaftlich und boten an, Fische und Robbenfelle gegen europäische Güter zu tauschen. Einer der Inuit willigte mit Zeichensprache ein, die Forscher zum fernen Ende der Bucht zu begleiten, durch Meerengen, die, so verstanden ihn die Engländer, zum Pazifik führten. Zuerst müsse er jedoch zu seinem Lager zurückkehren, gab der Inuit zu verstehen, und so stieg er in das kleine Beiboot des Schiffes, zusammen mit fünf von Frobishers Männern, die Anweisung hatten, ihn zur Insel zu bringen, doch das Boot nicht zu verlassen und in Sichtweite des Schiffes zu bleiben. Aus irgendeinem Grund gehorchten sie nicht.

Obwohl das Schiff ihnen unausgesetzt Signale gab, ruderten die Männer außer Sicht um die Uferlinie der Insel herum und tauchten nicht wieder auf. Frobisher war überzeugt, daß man sie gefangengenommen hatte, doch da seine Mannschaft jetzt nur noch dreizehn Männer umfaßte, wollte er keinen Kampf auf dem Land riskieren. Zur Vergeltung und als Beweis dafür, wo er gewesen war, ließ er einen Inuit und sein Kajak gewaltsam an Bord bringen und segelte nach England zurück. Auf der Reise biß sich der Inuit die Zunge zur Hälfte ab und starb bei der Ankunft in England.

Von größerem Interesse für Frobishers Geldgeber war jedoch ein Erzbrocken, den er von der Bucht mitgebracht hatte, und der, so entschieden sie nach mehrtägiger Prüfung, Gold enthielt. Mit Plänen zum Erzabbau und der Unterstützung neuer Geldgeber, darunter Königin Elisabeth, kehrte Frobisher im folgenden Sommer als Leiter einer weitaus größeren Expedition, zu der auch Soldaten gehörten, zu der Bucht von Baffin Island zurück. Nach seiner Landung im Juli baute er auf einem Hügel eine Steinpyramide auf, um zu zeigen, daß das Gebiet jetzt England gehörte.
Unverhofft tauchte dort eine Gruppe von Inuit auf, und Frobisher begann mit ihnen einen Tauschhandel. Obwohl beide Seiten auf der Hut voreinander waren, wurde der Handel ohne Konflikte abgewickelt, und die Inuit traten den Heimweg an. Da beschlossen Frobisher und der Kapitän seines Schiffes, sich Dolmetscher für ihre Expedition zu besorgen und griffen sich plötzlich zwei der Inuit, die den anderen in größerem Abstand folgten. Doch die Inuit rissen sich los und griffen ihrerseits die beiden Europäer an. Dabei wurde Frobisher von einem Pfeil im Gesäß getroffen. Die englischen Soldaten, die in Booten vor der Küste kreuzten, stürzten ans Ufer, um Frobisher zu Hilfe zu kommen. Sie nahmen einen der Inuit fest und schlugen die anderen in die Flucht.

Alltag im Winter

Danach segelten die Engländer mit ihrem Gefangenen zu einer großen Insel in der Bucht und trafen dort auf ein leeres Dorf, deesen Einwohner anscheinend bei ihrer Landung geflohen waren. Im Inneren der Häuser fanden sie englische Kleidungsstücke. Sie entschieden, daß diese von den fünf Männern stammen müßten, die im Jahr zuvor verschwunden waren; und obwohl sie keinen Beweis für die Richtigkeit ihrer Annahme hatten, waren sie entschlossen, die Inuit zu bestrafen. Am folgenden Tag kehrten sie unter der Führung des Kapitäns (der den verwundeten Frobisher vertrat) mit vierzig kampflustigen Soldaten in das Dorf zurück. Der Kapitän befahl der Hälfte der Soldaten, in zwei Booten vor dem Ufer zu warten, und schickte die anderen landeinwärts, mit dem Auftrag, die Inuit ausfindig zu machen.
Am Fuß einer Bergkette stießen die Männer auf eine Inuit-Gruppe von achtzehn Männern, Frauen und Kindern, die sofort in Richtung Küste davonrannten. Die Soldaten feuerten als Signal für die anderen in die Luft und verfolgten die Fliehenden. Diese schafften es gerade noch in ihre Lederboote und versuchten, ins offene Wasser zu gelangen.

Doch die Soldaten in den Booten waren sofort zur Stelle und hinderten sie daran, irgendwo anders als zur Küste zurück zu rudern. Die Inuit landeten schließlich an einer zerklüfteten Klippe, die ins Meer hinausragte. Inzwischen waren sowohl die Fußsoldaten als auch die in den Booten bei ihnen angekommen und es begann ein Kampf, der zum Gemetzel wurde. DieInuit-Frauen kauerten sich mit den Kindern im Schutz der Felsen zusammen; ihre Männer wehrten sich mit Pfeil und Bogen und Wurfpfeilen und kämpften mit einer Vehemenz, die die Engländer überraschte.
Schließlich waren fast alle Inuit schwer verwundet, und sie hatten auch keine Pfeile mehr. Viele stürzten sich kopfüber von den Felsen ins Meer; manche kletterten über die von Blut schlüpfrigen Felsen und entkamen. Eine Frau mit einem Säugling auf dem Rücken preßte sich hilflos an die Felsenwand. Ein Soldat, der sie irrtümlich für einen Mann hielt, feuerte sein Gewehr auf sie ab und verletzte das Kind am Arm, woraufhin die Frau gellend zu schreien begann. Man ergriff sie und brachte sie mit ihrem Kind auf das Schiff. Dort trug der Arzt der Expedition auf dieArmwunde des Kindes eine Salbe auf – die die Frau erbittert wegwischte.

Die Soldaten nannten den Ort des Gemetzels Bloody Point. Während sie das Inuit-Sommerlager plünderten, begannen andere Expeditionsmitglieder, das angeblich goldhaltige Erz der Insel abzubauen und auf ihre Schiffe zu laden. Vier Tage nach der Schlacht kam ihnen eine Gruppe Überlebender entgegen. Die Inuit blieben in einiger Entfernung von ihnen stehen und riefen ihnen mit herzzerreißender Stimme zu, sie möchten die Frau und ihr Kind zurückkehren lassen. Als Antwort ließ Frobisher die Frau auf einen hohen Hügel bringen, damit ihre verzweifelten Verwandten sie sehen konnten. Dann bot er an, sie, ihr Kind und den in der Woche zuvor gefangengenommenen Inuit-Mann gegen die fünf Engländer auszutauschen, die seit der Reise im Vorjahr verschollen warn. Die Inuit versicherten Ihm, die Männer seien noch am Leben, aber nicht auffindbar.

Im August gab Fobisher die Suche nach der Nordwestpassage auf und segelte mit den drei Gefangenen und gut zweihundert Tonnen Erz nach England. Während der Reise sperrte er die beiden erwachsenen Inuit wie Tiere zusammen, in der Hoffnung, sie würden sich zur Unterhaltung seiner Männer in aller Öffentlichkeit paaren. In Wirklichkeit waren die verheiratete Frau und ihr Kind von einem anderen Dorf als der Mann – beide gekidnappt von Mitgliedern einer fremden Kultur, die sich ohne Skrupel über das komplexe System sozialer Beziehungen, das das Inuit-Leben bestimmte, hinwegsetzten, ja nicht einmal zur Kenntnis nehmen wollten, daß ihre Gefangenen Menschen sind. Aus der grausamen Idee wurde jedoch nichts, denn zur Enttäuschung ihrer Wärter ließen sich die beiden Inuit ihre Würde nicht rauben. Nach der Ankunft in England starben alle drei Gefangenen.

Im darauffolgenden Sommer unternahm Frobisher eine dritte und letzte Reise nach Baffin Island, diesmal an der Spitze einer Flotte von fünfzehn Schiffen mit vorgefertigten Bauteilen und Vorräten für ein ständiges Lager von 120 Kolonisten, die das Erz abbauen sollten. Frobishers hochfliegende Pläne wurden zunichte, als eines seiner Schiffe mit vielen Vorräten unterging. Nur mit Mühe erreichte er die Bucht von Baffin Island. Dieses Mal kam niemand, um die Schiffe zu begrüßen oder mit ihm Handel zu treiben. Frobisher hatte eine einsame Welt geschaffen. Auch das Wetter war gegen ihn. Den ganzen Sommer lang schneite es stark, und frühe Eisschollen drohten die Bucht vom offenen Meer abzuschneiden. In Eile belud Frobisher seine Schiffe mit Erz von der Mine und kehrte Ende August nach Englang zurück. Dort traf ihn ein letzter Schicksalsschlag: Weitere Untersuchungen des von ihm mitgebrachten Erzes ergaben, daß es wertlos war. Die Gesellschaft der Investoren, die seine Reise finanziert hatte, brach zusammen, und damit endete die für die Inuit so verheerende Baffin-Island-Unternehmung.

Jahrhunderte später erzählten die Inuit die Geschichte von den fünf weißen Männern, die ein verängstigter und ungeduldiger Frobisher bei seiner ersten Reise im Stich gelassen hatte, und von den Jahren, die sie unter den Menschen der Insel gelebt hatten. Eines Frühlings, so sagte man, hatten sie ein Umiak mit einem Mast und Segeln ausgestattet und waren davongesegelt. Niemand hatte sie je wiedergesehen.

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